Warum ich mir ein Jahr lang keine (neue) Kleidung mehr kaufen möchte
Der IST-Zustand – was mein aktueller Kleiderschrank über mich verrät
Es ist eine Weile her, da habe ich regelmäßig auf Flohmärkten gestöbert und dabei so manches Prachtstück entdeckt, gekauft und getragen – Jahre lang. (Mein Jeansrock zum Beispiel ist so ein Fundstück und ja, ich liebe ihn immer noch!) Das war alles lange bevor ich die Begriffe „slow“ bzw. „Fast Fashion“ kannte. Doch schon damals trug ich diese Fundstücke mit einem gewissen Stolz – Individualität war mir schon immer wichtig. Im Vergleich zu meinen Kommilitonen, die oft im Einheitsbrei herum liefen, bestand meine Kleidung aus waren Schätzen, die ich möglicherweise vor der Mülltonne gerettet hatte. Farbenfrohe Individualität pur und zeitgleich super schonend für meinen schmalen Geldbeutel. Der Aspekt, dass „slow fashion“ den Geldbeutel schonen kann, ist mir also durchaus vertraut und eine Scheu davor Kleidung zu tragen, die schon jemand anderes getragen hat, habe ich auch nicht. Warum denn auch? Es gibt Waschmaschinen.
Wie es aber so ist, verändert sich das Leben, bringt neue Herausforderungen, neue Lebensumstände und neue Baustellen. Ich verlor meine Liebe zu Flohmärkten, secondhand und Co schlicht aus den Augen.
Irgendwie stieß ich in den Weiten des Internets auf diesen Artikel (Fast Fashion – Abendblatt) und machte schließlich vor ein paar Tagen erneut die Augen auf. Muss es wirklich immer Neuware sein, die mich kleidet? Muss es der einfache Klick im Internet sein, der mir einen nigelnagelneuen Pullover nach Hause bringt? Alles ganz bequem und ohne Warteschlange vor der Kasse? War ich tatsächlich so bequem geworden? Ja, das war ich. Aber die Betonung liegt nun wieder auf dem WAR!
Meine aktuellen Lieblingsstücke
Trotz meiner neuen Lebensumstände und der finanziellen Möglichkeiten, mir jederzeit neue Kleidung zu kaufen, stellte ich bei den Vorbereitungen für diesen Artikel fest, dass meine Lieblingsstücke im Kleiderschrank immer noch die sind, die ich einst als Schatz vom Flohmarkt oder aus dem secondhand-shop mit nach Hause brachte. Ich trage immer noch meinen Jeansrock – in ihm habe ich schon die unterschiedlichsten Dinge erlebt.
Wir teilen so manche Erinnerung miteinander. Und der absolut gemütlichste Pulli, den ich gerade habe, ist der, den meine Schwiegermutter entsorgen wollte, weil er ihr nicht mehr gefällt. Beides sind ursprünglich keine „slow fashion“-Produkte – aber dadurch, dass sie nicht einfach im Müll gelandet sind, sind sie es doch geworden.
365 Tage lang keine neue Kleidung kaufen – mein persönliches Projekt
Natürlich ist die Idee der „Konsumverweigerung“ keine brandneue Idee, es gab sie schon in diversen Formen (zum Beispiel das Uniform project: https://vimeo.com/11113046). Und natürlich hat der Einzelne damit die Welt nicht gerettet, die Müllberge aus Stoff nur unwesentlich verkleinert – aber vielleicht dem ein oder anderem potenziellem „Fast-Fashion-Käufer“ damit die Augen geöffnet. Und wenn aus dem „ich“ ein „wir“ wird, können „wir Käufer“ die Firmen eben doch zu einem Umdenken zwingen, davon bin ich überzeugt. Also werde ich mir keine neue Kleidung kaufen – 365 Tage lang. Wenn etwas ansteht, für das ich neue Teile brauche, werde ich im secondhand-shop gucken – im realen Geschäft, wie auch online. Das werde ich auch für meine Jungs so durchziehen. Gerade für Kinder ist es ein Leichtes, an tolle secondhand-Kleidung zu kommen. Außerdem werde ich mir bewusst machen, dass ich viele tolle Looks mit dem, was bereits vorhanden ist, durchaus schon umsetzen kann. Ich muss nur lernen damit gekonnt zu stylen und öfter mal zu meinen Accessoires greifen. Denn wenn ich ehrlich bin: es ist von allem ausreichend vorhanden. Das letzte Teil, dass ich mir „neu“ gekauft hab, war eine spontane Entscheidung. Über Instagram hab ich „Nebeljoggerin“ entdeckt und mich spontan in ein Paar Stulpen verliebt – sogenannte Refashionware. Und ich freue mich jetzt schon darauf, sie bald zu tragen.
Für meine Erlebnisse und Erfahrungen, die ich sammeln werde, habe ich mir schon ein Notizbuch herausgesucht. Ebenfalls ein Produkt, das damals unbedingt gekauft werden musste, aber nie genutzt wurde. Schluss damit – jetzt muss es ran.
In einem Jahr werde ich wieder berichten und es folgt noch weitere Teile hier auf ZeroSchmidt zu diesem Thema.
Gastbeitrag von Natalie Bloom.